Und wer hätte gedacht, dass auch in Algerien, Libyen, dem Jemen, im Iran und sogar in Bahrain die Menschen für mehr Freiheit auf die Straße gehen?

Unvorhersehbar ist derzeit, wie sich die Situation in Tunesien und Ägypten entwickeln wird. Ähnliches gilt in Libyen, dem Jemen oder Algerien. Selbstverständlich bleibt es Aufgabe der Bürgerinnen und Bürger dieser Länder, selbst – sprich demokratisch – verfassungsrechtliche Grundsätze festzulegen, wie man künftig miteinander leben will. Diese Aufgabe gilt auch für die Festlegung des Status und der Freiheit aller Religionsgruppen. Der Westen sollte aber nicht akzeptieren, wenn die Forderung nach einer verbindlichen Festschreibung und Durchsetzung der Menschenrechte als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Staates abgelehnt wird. Oder sich Menschenrechte der Kultur und Religion der Mehrbevölkerung unterordnen müssen. Woran sollten sich die neuen Regierungen in Ägypten oder Tunesien messen lassen? Einerseits natürlich an der Frage, ob für sie Religionsfreiheit ein schützenswertes Gut ist. Doch viel entscheidender ist, wie die Freiheit im Glauben geschützt wird. Kann ein Bürger seine Religion ungestraft wechseln? Gibt es unabhängige, unparteiische Strafverfolgungsbehörden, die Angriffe auf Christen auch tatsächlich ahnden? Werden Behörden einen christlichen Antragsteller genauso behandeln wie einen Muslim?

Derzeit stellen Christen in etlichen Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens eine große oder gar die größte Minderheit. Doch in den meisten dieser Länder genießen sie keine Freiheit. Auch wenn niemand in die Zukunft blicken kann, besteht die Gefahr, dass sich die Geschichte wiederholt. In Tunesien gibt es eine kleine christliche Minderheit, in Ägypten stellen die Christen etwa 13 Prozent der Bevölkerung. Bisher wurden sie diskriminiert, an den Rand gedrängt und teilweise bis zum Tod verfolgt. Politiker und Experten werden in den Umbruchsprozessen um Rat gefragt werden. Ihr Augenmerk muss auf dem Schutz der christlichen Minderheiten liegen. Wenn sich der Westen nicht dafür einsetzt, wird dies niemand sonst tun. Die deutsche Außenpolitik scheint dies zu verstehen. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer, sagte in einem Interview mit Radio Vatikan: „Wer glaubwürdig für die Menschenrechte in ihrer universellen Ausgestaltung eintreten will, der muss auch für Religionsfreiheit eintreten.“ Es sei eine ziemlich absurde Vorstellung, dass Menschen, die sich selber als Christen definieren, sich für alle möglichen religiösen Minderheiten in der Welt einsetzten, aber nicht für die eigenen Glaubensbrüder oder die Anhänger der Religion, auf der ihre eigene Kultur fuße. Aus dieser Erkenntnis muss nun konkretes und zügiges Handeln folgen. Das Fenster, in welchem Veränderungen möglich sind, ist vielleicht nur wenige Wochen oder Monate offen. (OD) Schätzungsweise 100 Millionen Christen werden weltweit aufgrund ihres Glaubens verfolgt. (Open Doors Deutschland)

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