Stephen Hawking und Gott.

Prof. John Lennox

„In seinem Buch, „Der große Entwurf – Eine neue Erklärung des Universums“ stellt der berühmteste aller Physiker, Stephen Hawking (zusammen mit seinem Koautor Leonard Mlodinow) den Glauben an die göttliche Erschaffung des Universums infrage. Ihm zufolge liefern die Gesetze der Physik, nicht der Wille Gottes, die wirkliche Erklärung dafür, wie das Leben auf der Erde entstand. Der Urknall, argumentiert er, sei die unausweichliche Konsequenz aus diesen Gesetzen: „Weil es ein Gesetz wie das der Schwerkraft gibt, kann und wird das Universum sich selbst aus dem Nichts erschaffen.“

Hawking behauptet: „Spontane Schöpfung ist der Grund dafür, dass es etwas gibt und nicht nichts, dass das Universum existiert, dass wir existieren.“ Die Folge: „Es ist nicht nötig, einen Gott heraufzubeschwören, der das blaue Zündpapier in Brand und das Universum in Gang setzt.“

Hawkings Argument ist keineswegs neu. Wissenschaftler stellen schon seit vielen Jahren ähnliche Behauptungen auf, nach denen die überwältigende Komplexität der Welt durch die ausschließliche Bezugnahme auf den Grundstoff des Universums (Masse/Energie) oder auf physikalische Gesetze wie die Schwerkraft erklärt werden kann.

In seinem Buch finde ich eine Reihe von Missverständnissen, die durch logische Fehlschlüsse verstärkt werden. Erstens ist Hawkings Gottesbegriff unzulänglich. Nach den oben zitierten Aussagen scheint er sich Gott als einen „Lückenbüßergott“ zu denken, der immer dann zur Erklärung herbeigezogen wird, wenn wir keine wissenschaftliche Erklärung für etwas haben – daher die Schlussfolgerung, die Physik lasse keinen Raum mehr für Gott, da sie den letzten Ort beseitigt habe, wo er hätte zu finden sein können – den Moment der Schöpfung.

Doch das entspricht keineswegs dem Glauben der großen monotheistischen Religionen. Für sie ist Gott nicht nur bei der Schöpfung zu finden; er ist der Urheber schlechthin. Gott hat das Universum geschaffen, und er erhält es beständig im Dasein. Ohne ihn gäbe es für die Physiker nichts zu studieren. Gott ist der Schöpfer sowohl der Teile des Universums, die wir nicht verstehen, als auch der Teile, die wir verstehen. Und natürlich sind es gerade die Teile, die wir verstehen, die uns die stärksten Hinweise auf  Gottes Existenz und sein Handeln liefern. So wie ich das Genie hinter einem technischen oder künstlerischen Werk um so mehr bewundern kann, je besser ich es verstehe, so nimmt auch meine Verehrung des Schöpfers zu, je besser ich verstehe, was er getan hat.

Dass nicht nur Hawkings Gottesbegriff, sondern auch sein Verständnis von Philosophie unzulänglich ist, zeigt sich, wenn er uns auffordert, uns zwischen Gott und den Gesetzen der Physik zu entscheiden. Hier vermischt er zwei völlig unterschiedliche Dinge: physikalische Gesetzmäßigkeit und persönliches Handeln. Das sind falsche Alternativen! Es handelt sich hier um einen klassischen Kategorienfehler. Seine Aufforderung, zwischen der Physik und Gott zu wählen, ist ebenso offenkundig absurd wie die Aufforderung, sich entweder für die physikalischen Gesetze oder für den Luftfahrtingenieur Sir Frank Whittle zu entscheiden, wenn man den Düsenantrieb erklären will.

Die Gesetze der Physik können erklären, wie ein Düsenantrieb funktioniert, aber nicht, wie er entstanden ist. Es leuchtet jedem ein, dass ein Düsenantrieb nicht durch die physikalischen Gesetze allein erschaffen werden konnte – dafür  waren die Intelligenz und Kreativität Whittles erforderlich – und das Vorhandensein entsprechender Bedingungen und Materialien.

Die Welt des strengen Naturalismus, in der clevere mathematische Gesetze ganz von sich aus das Universum und das Leben ins Dasein rufen, ist reine Fiktion  (bzw. Science Fiction). Theorien und Gesetze rufen keine Materie/Energie ins Dasein. Die Ansicht, sie wären irgendwie doch dazu imstande, erscheint als eine recht verzweifelte Ausflucht vor der alternativen Möglichkeit, die Hawking mit seiner Frage impliziert: „Oder braucht sie einen Schöpfer?“

Hawking sagt, die Existenz der Schwerkraft bedeute, dass die Entstehung des Universums unvermeidlich gewesen sei. Aber wie kam es überhaupt zur Schwerkraft? Welche schöpferische Kraft steckt hinter ihrer Existenz? Wer hat sie eingesetzt mit all ihren Eigenschaften und ihrem Potenzial, mathematisch beschrieben zu werden?

In ihrem Bemühen, die klaren Hinweise für die Existenz einer göttlichen Intelligenz hinter der Natur zu umgehen, sind atheistische Wissenschaftler gezwungen, viel weniger wahrscheinlichen Kandidaten wie Masse/Energie und den Naturgesetzen schöpferische Kräfte zuzuschreiben.

Wie jeder Physiker sieht sich auch Hawking mit eindrucksvollen Hinweisen auf  einen Entwurf des Universums konfrontiert, wie er in seinem Buch erklärt: „Unserem Universum und seinen Gesetzen scheint ein Entwurf zugrunde zu liegen, der sowohl darauf zugeschnitten ist, uns zu erhalten, als auch, wenn wir existieren sollen, wenig Spielraum für Abweichungen lässt. Das ist nicht leicht zu erklären und wirft natürlich die Frage auf, warum dem so ist. … Die in jüngerer Zeit gemachte Entdeckung der extremen Feinabstimmung vieler Naturgesetze könnte zumindest einige von uns zurück zu der alten Vorstellung führen, dieser große Entwurf sei das Werk eines großen Entwerfers. … Das ist nicht die Antwort der modernen Wissenschaft … unser Universum scheint nur eines von vielen zu sein, von denen jedes andere Gesetze hat.“

Damit kommen wir zum Multiversum. Der Grundgedanke, der hinter den verschiedenen Theorien des Multiversums steht, ist, dass es so viele Universen gibt  (unendlich viele, wie manche meinen, was immer das bedeutet), dass alles, was passieren kann, in irgendeinem Universum auch passieren wird. Demnach ist es nicht überraschend, so das Argument, dass es mindestens ein Universum wie das unsere gibt.

Auch hier tappt Hawking in die Falle der falschen Alternativen: Gott oder das Multiversum. Aus theoretischer Sicht könnte Gott so viele Universen erschaffen haben, wie es ihm beliebt. Der Gedanke des Multiversums an sich schließt Gott nicht aus. Die Theorie vom Multiversum ist allerdings unter Wissenschaftlern sehr umstritten.

Hawkings Argumente erklären sich zu einem großen Teil aus der Vorstellung, es bestünde ein tief sitzender Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion. Doch einen solchen Zwist kann ich nicht erkennen. Für mich als gläubigen Christen verstärkt die Schönheit der wissenschaftlichen Gesetze meinen Glauben an einen intelligenten Schöpfer. Je besser ich die Wissenschaft verstehe, desto mehr glaube ich an Gott, weil ich über die Größe, Raffinesse und Vollständigkeit seiner Schöpfung staune.

Dass die Naturwissenschaft im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert unter Männern wie Galileo, Kepler und Newton so sehr aufblühte, lag ja gerade an ihrer Überzeugung, dass die Naturgesetze, die damals entdeckt und formuliert wurden, den Einfluss eines göttlichen Gesetzgebers widerspiegelten. Der Glaube an Gott hat die Wissenschaft keineswegs behindert; im Gegenteil, er war der Motor, der sie antrieb.

Die Tatsache, dass Wissenschaft (größtenteils) eine rationale Aktivität ist, führt uns zu einem weiteren Denkfehler Hawkings. Wie so viele Atheisten möchte er uns glauben machen, wir Menschen seien nichts als „bloße Ansammlungen der fundamentalen Partikel der Natur“. Dabei scheint er gar nicht wahrzunehmen, dass dies, wenn es zuträfe, nicht nur den Glauben an Gott unterminieren würde, sondern gerade die Rationalität, die wir brauchen, um Wissenschaft zu treiben. Wenn es wahr wäre, woher sollten wir das überhaupt wissen? Denn wenn das Gehirn  nur das Endprodukt eines geistlosen, absichtslosen Prozesses wäre, dann gäbe es keinen Grund zu glauben, dass es fähig ist, uns die Wahrheit erkennen zu lassen.

Abschließend scheint mir wichtig zu erwähnen, dass eine rationale Untermauerung der Existenz Gottes nicht nur im Bereich der Naturwissenschaft zu finden ist. Die Geschichte liefert uns eindrückliche Hinweise darauf, dass Gott sich der Menschheit vor zwei Jahrtausenden durch Jesus Christus geoffenbart hat. Mein Glaube an Gott beruht nicht nur auf dem Zeugnis der Naturwissenschaft, sondern auch auf dem Zeugnis der Geschichte; insbesondere auf der Tatsache, dass Jesus Christus von den Toten auferstand. Darüber hinaus lassen sich religiöse Erfahrungen von Millionen Gläubigen nicht einfach abtun.“ www.iguw.de/ 

Kommentare

  1. ali

    Der 2. Timotheusbrief hat in besonderer Weise die Endzeit, «die letzten Tage» der Christenheit (2.Tim 3,1), im Auge. Ein prophetisches Detail findet sich in Kapitel 4 dieses neutestamentlichen Briefes:
    «Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Lüsten sich selbst Lehrer aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren kitzelt; und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und zu den Mythen sich hinwenden. Du aber sei nüchtern in allem, leide Trübsal, tue das Werk eines Evangelisten, vollführe deinen Dienst!» (V 3-5).
    Der moderne, aufgeklärte Mensch von heute lehnt die Bibel als Gottes Wort ab. Er sieht die Bibel als Mythensammlung. Sie gibt ihm vielleicht noch Auskunft über das Denken der Menschen in der sogenannten vorwissenschaftlichen Zeit. Aber er lehnt jegliche Relevanz der Bibel für die moderne Zeit ab.
    Der deutsche Theologieprofessor Rudolf Bultmann (1884-1976) entwickelte ein Programm zur Entmythologisierung der Bibel. Er behauptete, dass der moderne, wissenschaftlich denkende Mensch nicht mehr glauben könne, dass Jesus Christus auferstanden sei und dass Er wiederkomme. Es sei auch nicht möglich, die Bibel als historischen Bericht in seinen Einzelheiten ernst zu nehmen. Bultmann übte einen unglaublich starken Einfluss aus, nicht nur im Bereich der Theologie, sondern auch weit darüber hinaus.
    Dem können wir entgegenhalten: Es ist uns möglich, den Nachweis zu liefern, dass die Bibel historisch absolut zuverlässig ist! Es ist uns auch möglich, die Theorien der liberalen Theologie zu widerlegen und ihre falschen Denkvoraussetzungen und Methoden offenzulegen.
    Übrigens: Rudolf Bultmann hat sich noch vor seinem Tod bekehrt. Er hat im Blick auf seine Studenten um Vergebung gebeten wegen seiner Verbreitung von falschen Lehren. Dies bezeugte seine ehemalige Schülerin Prof. Dr. theol. Eta Linnemann, die ihrerseits auch eine ganz radikale Bekehrung und Hinwendung zu Jesus Christus erleben durfte.

  2. Alte Narrheit in neue Schläuche

    Trefflich sagte doch der Apostel Paulus schon in der Antike: “Da sie sich für Weise hielten, sind sie zu Narren geworden und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht mit einem Bild gleich dem eines vergänglichen Menschen und der Vögel und der vierfüßigen und der kriechenden Tiere.”

    Viel hat sich seit dem nicht geändert. Die Klugen und Weisen von damals hießen Philosophen, Sophisten und Rhetoren heute nennt man sie Wissenschaftler und Erkenntnistheoretiker.

    In der Antike schrieb man Tieren und Fabelwesen göttliche Eigenschaften zu, ja erhob sie sogar zu schöpferischen Göttern (siehe: Marduk u. Tiamat…).

    Heute sind die “Götter” physikalische Phänomene des raum-zeitlichen Universums wie Schwarze Löcher oder Gravitationskräfte, denen man schöpferisch-intelligente Eigenschaften zuschreibt.

    Blinde, willenlose unintelligente kosmische Kräfte erzeugen Lebewesen mit Vernunft und Einsicht, sie haben Sinn für Farben, Ästhetik und Ethik.

    Tatsächlich hat sich nicht viel geändert seit der Niederschrift des Römnerbriefes.

    Neuere Erkenntnisse aus der Natur und Naturwissenschaften haben die Antiken Götter ersetzt und haben ihren Platz als Lückenbüßer eingenommen.

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