Auszüge aus einem Interview mit dem Physiker Colin Humphreys, Professor der Universität Cambridge.

Colin Humphreys ist Professor für Physik, Träger des Verdienstordens „Commander of the British Empire“ Er lehrt Materialwissenschaft an der Universität Cambridge und Experimentalphysik an der Royal Institution.

„Ich bin gläubiger Christ. Und ich bin der Auffassung, dass meine Wissenschaft und das, was ich glaube, nicht unverbunden nebeneinander stehen sollten. Ich halte Naturwissenschaft und christlichen Glauben für vereinbar, aber einige Dinge muss man sehr gründlich durchdenken, um zu verstehen, dass es keine Widersprüche gibt – das ist etwa beim Thema Wunder der Fall. Deshalb habe ich einige Zeit damit zugebracht, über biblische Wunder zu arbeiten: Ich habe ein Buch über die Wunder der Exodus-Geschichte geschrieben und sie dabei aus Sicht eines Naturwissenschaftlers behandelt.“

Ein Beispiel?
„Nehmen Sie das letzte Wunder der Exodus-Geschichte. Nachdem sie rund 40 Jahre in der Wildnis unterwegs waren, kamen die Israeliten an den Jordan und wollten unbedingt auf die andere Seite. Aber der Fluss hatte Hochwasser, das erzählt uns das Buch Josua. Sie konnten also das Verheißene Land sehen, aber nicht hingelangen. Dann hörte das Wasser plötzlich auf zu fließen und sie konnten auf die andere Seite gehen, was die Israeliten eindeutig als ein großes Wunder auffassten. Heute mögen Leute sagen, das sei Unsinn, weil ein Fluss schließlich nicht einfach mal plötzlich versiegt. Aber in der Bibel finden wir ein bemerkenswertes Detail: Sie sagt uns, dass das Wunder sich nicht an der Stelle ereignete, wo die Israeliten waren. Das Wasser stoppte weit weg bei der Stadt Adam nahe Zaretan, heißt es in Josua 3,16 – etwa 30 Kilometer flussauf wärts. Heute wissen wir aus historischen Aufzeichnungen, dass genau an dieser Stelle des Jordantals immer wieder durch Erdbeben ausgelöste  Schlammlawinen auftraten, die den Fluss ein oder zwei Tage lang stoppten, bis das Wasser das Hindernis überwand. Es gibt etwa zehn historisch belegte Ereignisse dieser Art, das früheste im Jahr 1.200 vor Christus, weiter reichen die Aufzeichnungen nicht zurück. Wenn man also Geschichte und Naturwissenschaft kombiniert, würde ich sagen, dass es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dieser Mechanismus war, durch den das Wunder geschah. Trotzdem bleibt es ein großes Wunder, dass es just im richtigen Moment passierte.“

„Nehmen Sie die Heilungsgeschichten mit Jesus oder das Laufen auf dem Wasser: Gott scheint da etwas Besonderes zu tun. Vielleicht sollte man nicht sagen, dass hier Naturgesetze gebrochen werden, sondern besser, dass Gott hier zusätzliche Kräfte wirken lässt. Im Falle des Laufens auf dem Wasser: Man könnte es so erklären, dass Gott dort auf einem kleinen Fleck die Erdanziehung aufgehoben hat. Für einen Wissenschaftler erscheint diese Erklärung höchst willkürlich und unattraktiv. Reizvoller ist es zu sagen, dass die Erdanziehung gewirkt hat, aber dass Gott eine zusätzliche Kraft bereitgestellt und auf diese Weise Jesus und Peter sozusagen getragen hat. Oder die Heilungen: Es könnte sich möglicherweise um natürliche Prozesse gehandelt haben, die nur extrem beschleunigt abliefen.Nahegelegt wird das bei der Heilung eines Blinden, der dann zunächst sagte: „Ich sehe die Menschen, als sähe ich Bäume umhergehen“ (Mk 8,24): Das Wunder war noch nicht zu Ende gebracht in diesem Moment. Jesus berührte ihn daraufhin ein zweites Mal, danach konnte er richtig sehen.“

„Meine Auffassung ist: Zunächst sollten wir immer nach natürlichen Erklärungen suchen. Zum einen ist es das, was ein Wissenschaftler ohnehin tun sollte. Zum anderen denke ich, dass Gott normalerweise eben auf diese Weise wirkt: Durch die Natur und ihre Gesetzmäßigkeiten, wie er sie geschaffen hat. Aber es gibt Fälle, wo es für mich offensichtlich ist, dass es keine natürliche Erklärung geben kann, wie bei der Auferstehung. Ich weiß, es gibt andere Erklärungsversuche, etwa dass Jesus gar nicht wirklich starb, sondern nur bewusstlos war oder ähnliches. Aber mir erscheinen solche Gedanken wesentlich unglaubwürdiger, als dass Gott hier ein wirkliches, sehr besonderes Wunder getan hat.“ iguw.de

Kommentare

  1. ali

    Denn Gott ist nicht etwas Unvernünftiges, sondern allenfalls ein Geheimnis. Willst du das entdecken? Gott ist zum Menschen gekommen, er hat sich seiner Erkenntnis dargeboten, indem er sich zur kreatürlichen Grenze seiner Vernunft herabgelassen hat. Das braucht aber die Erleuchtung durch den Heiligen Geist.

  2. Stephan Wanker

    Dass Jesus über den See läuft soll heißen, dass er das völlig andere ist, das nicht erfassbare, das Unmögliche, das wahr geworden ist.

    Zusatzkräfte ins Weltbild hineinzuphantasieren ist der Versuch dies zu entzaubern und Jesus in ein wissenschaftliches Weltbild zu integrieren. Nur wozu? Das wissenschaftliche Weltbild will keinen Jesus, es kommt viel besser ohne ihn und all die anderen Wunder und Götter, Gnome und Feen aus.

    Und das religiöse Weltbild will keine wissenschaftliche Erklärung. Am schlimmsten, wenn morgen einer den Trick findet über’s Wasser zu laufen, so dass es gar kein Wunder ist. Gut – man hat immer noch 999 andere Wunder: Teilung der Flut, 3 Tage im Bauch des Fisches, 40 Tage in der Wüste ohne Wasser, Tote zum Leben auferweckt, Geruchslose wieder riechen lassen und, und, und.

    Ein Dilemma der Religion: Man will es sich leichter machen zu glauben, aber dann ist es nix mehr, dass den Aufwand lohnt. Wenn beten bei Krankheit nur deshalb hilft, weil ein unspezifischer Placeboeffekt am Werk ist,

    Das andere Dilemma ist aber, dass man, wenn man glaubt das Gott das völlig Undenkbare ist, dann hat man die Tür auch schon zugeschlagen. Wieso sollte man ihn dann im Fasten erkennen können, im körperlichen Leiden? Wieso sollte dieser Gott dann kein fieser Möpp sein, der eh alle in die Hölle schickt? Oder alle mit 2-silbigen Vornamen, oder alle außer genau denen? Seine Wege nicht erkennen und ihn nicht verstehen können heißt streng genommen genau das.

    Alle Ideen von Empathie und Belohnung dementieren die Unergründlichkeit seines Willens, enträtseln die angeblich so geheime Natur seiner angeblichen Heiligkeit. Nach seinem Bilde schuf er uns, aber wer in sein Antlitz schaut, der erblindet ob des leuchtenden Glanzes?

    Man kennt auch keine Bibelstelle die einem Physikprofessor bessere Chancen auf die Erkenntnis Gottes einräumt als einem Hirten oder einer Hausfrau und Mutter.

    Mit der Vernunft kommt man Gott nicht näher, aber am Ende kommt man ganz gut von ihm fort, wenn man es versucht. Es fügt sich alles viel besser, und er fehlt einem auch nicht.

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