Zum Tod von Joachim Fuchsberger.

Blacky starb in den Armen seiner Frau. Den frühen Tod seines Sohn Thomas hatte er nie überwunden.
„Er habe gelernt, gewisse Tatsachen zu akzeptieren. Trost in der Religion konnte er nicht finden: „Es wäre schön, wenn man jetzt an einen Gott glauben könnte. Aber ich kann es nicht.“ Deshalb schrieben Joachim Fuchsberger und seine Frau auch in der Todesanzeige: „Völlig sinnlos hat der Tod das Licht unseres Alters gelöscht.“ Das hätte die Kirche auf den Plan gerufen. Viele Kleriker meinten, es wäre nicht sinnlos, weil alles einen Sinn habe. „Aber das kann ich nicht nachvollziehen. Worin soll der liegen?“, fragt Fuchsberger.“ (express.de)

Elie Wiesel, jüdischer Schriftsteller, Überlebender des Holocausts und Träger des Friedensnobelpreis für seine Vorbildfunktion im Kampf gegen Gewalt, Unterdrückung und Rassismus beschreibt folgende Begebenheit aus seiner Gefangenschaft im Stammlager des Konzentrationslagers Ausschwitz:

Ich habe in der Folge mehreren Erhängungen beigewohnt. Nie habe ich einen der Verurteilten weinen sehen, denn ihre ausgemergelten Körper hatten seit langem den bitteren Trost der Tränen vergessen. Mit Ausnahme einer Vollstreckung. Der Oberkapo des 52. Kabelkommandos war ein Holländer, ein über zwei Meter hoher Riese. Siebenhundert Häftlinge arbeiteten unter seinem Befehl und alle liebten ihn wie einen Bruder.

Nie hatte einer eine Ohrfeige von seiner Hand bekommen, nie einen Fluch aus seinem Munde gehört. Er hatte im Dienst einen jungen Burschen bei sich, einen Pipel, wie man ihn nannte, ein Kind mit feingezeichneten schönen Gesichtszügen, das nicht in unser Lager passte.

Eines Tages flog die Elektrozentrale von Buna in die Luft. An Ort und Stelle gerufen schloss die Gestapo auf Sabotage. Man fand eine Fährte, die in den Block des holländischen Oberkapos führte. Dort entdeckte man nach einer Durchsuchung eine bedeutende Menge Waffen. Der Oberkapo wurde auf der Stelle festgenommen. Wochenlang wurde er gefoltert. Umsonst. Er gab keinen Namen preis, wurde nach Auschwitz überführt und war fortan verschollen. Aber sein Pipel blieb im Lager, im Kerker. Gleichfalls gefoltert, blieb auch er stumm.

Die SS verurteilte ihn daher zusammen mit zwei anderen Häftlingen, bei denen Waffen gefunden worden waren, zum Tode. Als wir eines Tages von der Arbeit zurückkamen, sahen wir auf dem Appellplatz drei Galgen. Antreten. Ringsum die SS mit drohenden Maschinenpistolen, die übliche Zeremonie. Drei gefesselte Todeskandidaten, darunter der kleine Pipel, der Engel mit den traurigen Augen.

Die SS schien besorgter, beunruhigter als gewöhnlich. Ein Kind vor Tausenden von Zuschauern zu hängen, war keine Kleinigkeit. Der Lagerchef verlas das Urteil. Alle Augen waren auf das Kind gerichtet. Es war aschfahl, aber fast ruhig und biss sich auf die Lippen. Der Schatten des Galgens bedeckte es ganz. Diesmal weigerte sich der Lagerkapo, als Henker zu dienen. Drei SS-Männer traten an seine Stelle. Die drei Verurteilten stiegen zusammen auf ihre Stühle. Drei Hälse wurden zu gleicher Zeit in die Schling eingeführt. “Es lebe die Freiheit” riefen die beiden Erwachsenen. Das Kind schwieg.

“Wo ist Gott, wo ist er?” fragte jemand hinter mir. Auf ein Zeichen des Lagerchefs kippten die Stühle um. Absolutes Schweigen herrschte im ganzen Lager. Am Horizont ging die Sonne unter. “Mützen ab!” brüllte der Lagerchef. Seine Stimme klang heiser. Wir weinten. “Mützen auf!” Dann begann der Vorbeimarsch. Die beiden Erwachsenen lebten nicht mehr… Aber der dritte Strick hing nicht leblos: der leichte Knabe lebte noch … Mehr als eine halbe Stunde hing er so und kämpfte vor unseren Augen zwischen Leben und Sterben seinen Todeskampf. Und wir mussten ihm ins Gesicht sehen. Er lebte noch, als ich an ihm vorbeischritt. Seine Zunge war noch rot, seine Augen noch nicht erloschen.

Hinter mir hörte ich denselben Mann fragen: “Wo ist Gott?’ Und ich hörte eine Stimme in mir antworten: “Wo er ist? Dort – dort hängt er, am Galgen…”

Ich denke aber, dass wir sogar noch mehr brauchen als nur das Wissen, dass Gott in unserem Leid bei uns ist. www.mitdenkend.de/leid-ei…nken-uber-1-steile-these/

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