Wir streiten über Beihilfe zum Suizid. In Wahrheit geht es um die kommende „Selbstentsorgung“ der Alten und Gebrechlichen.

Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Wolfgang Huber, trifft es auf den Punkt: „Der Schritt von der ärztlichen Assistenz beim Suizid zur ärztlichen Tötung auf Verlangen ist nicht groß.“ Heute meinen viele, die Abtreibung ungeborener Kinder sei eine Art Grundrecht. Bald werden die moralisch Entwurzelten dem Suizid der Alten und Schwerkranken zustimmen. Besonders prominente Einzelfälle, wie das Schicksal von Brittany Maynard, dürfen nicht zum Maßstab der öffentlichen Debatte werden. Damit wird von den linken Medien Druck auf Schwerkranke und politische Gremien ausgeübt.

Der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler dazu:
“Sterben lernen heißt leben lernen”
Vor acht Wochen haben wir des 50. Todestages von Thomas Mann gedacht. Eines der bewegendsten Kapitel in seinen “Buddenbrooks” beschreibt den Tod der alten Konsulin Buddenbrook. Hochbetagt und schwer erkrankt ringt sie tagelang “mit dem Leben um den Tod”, wie es bei Thomas Mann heißt. Am Sterbebett hat sich ihre Familie versammelt und harrt bei ihr aus bis zuletzt.
Jahrhundertelang war es die Großfamilie, in der Jung und Alt gemeinsam immer wieder den Kreislauf von Geburt und Tod durchlebten. Der französische Historiker Philippe Ariès spricht vom “gesellschaftlich gezähmten Tod”, der als individuelles Ereignis in die Gemeinschaft eingebunden war und vom Beistand der ganzen Familie, der Freunde oder etwa der Mitbrüder im Kloster begleitet wurde. Der Sterbende stand im Mittelpunkt. In manchen Bauernhäusern war noch bis in das vergangene Jahrhundert hinein ein bestimmtes Zimmer als Sterbezimmer vorbereitet: Ein Ort für das Sterben mitten im Leben.
In einem alten Kirchenlied heißt es denn auch: “Mitten im Leben sind wir mit dem Tod umfangen”. Das war in früheren Zeiten durchaus wörtlich zu verstehen. Hohe Kinder- und Müttersterblichkeit, ständige Bedrohung durch Hunger, Krankheit, Seuchen und die vielen großen und kleinen Kriege. Der Tod war allgegenwärtig.
Auch heute ist der Tod für uns allgegenwärtig. Wenn wir die Zeitung aufschlagen, den Fernseher anschalten oder uns im Internet bewegen, dann erleben wir Tod und Sterben oft in aller Deutlichkeit, in schrecklichen Bildern. Grausame Verbrechen werden bis in die Einzelheiten dokumentiert, der Tod von Prominenten akribisch berichtet. Der Tod ist allgegenwärtig, doch es ist ein virtueller, ein abbildhafter Tod, der uns da täglich begegnet. Den tatsächlichen Tod hingegen, die wirkliche Agonie, das Leiden zwischen Leben und Tod – das haben wir weit an den Rand des Sichtbaren gedrängt. Unsere Gesellschaft hat, um mit Walter Benjamin zu sprechen, “den Leuten die Möglichkeit verschafft, sich dem Anblick von Sterbenden zu entziehen”. In Deutschland sterben in jedem Jahr etwa 900.000 Menschen – mindestens zwei Drittel in Krankenhäusern und Pflegeheimen, nur wenige zu Hause im Kreise ihrer Nächsten. Wir haben die Begleitung Sterbender, den Umgang mit den Toten an professionelle Spezialisten delegiert, an Mediziner, Pfleger, Pfarrer und Beerdigungsunternehmer.“ www.gemeindenetzwerk.org/?p=1874

Kommentare

  1. marion klindworth

    Hallo,wir haben leider keine Großfamilie mehr.da muss man schon auf Pflegedienste und so
    zurückgreifen. Ich bin froh, das es so etwas gibt .Ich habe ja auch noch meine Kneipe,das ist so etwas wie meine Ersatzfamilie,von der richtigen Familie leben ja nicht mehr viele.Das ist nun mal so. die einen haben viele Familien – Mitglieder, ich habe nur zwei, meinen Bruder und meine Schwägerin, alle anderen sind gestorben.
    Aber ich finde immer Menschen zum reden.
    Gruß Marion

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