Deutschland und sein Wir-tun-nur-so-als-ob-Christentum. Ein ehemaliger Kommunist klagt an.

Peter Seewald wurde Kommunist. Mit einem Luftsprung trat er aus der Kirche aus. Jetzt ist er wieder Katholik und trifft den Nerv eines sterbenden Christentums.

„Die Deutschen haben eine besondere Geschichte mit ihrem Glauben. »Wie hältst du’s mit der Religion?«, Gretchens Ausruf in Goethes »Faust«, gehört nachgerade zur Wesens- und Schicksalsfrage dieser Nation. Kaum ein Volk hat mit Gott so gerungen, im Guten wie im Bösen.

Die Gottesfrage, das tiefe Schürfen nach Erkenntnis, war das Fluidum für den deutschen Genius, von Künstlern wie Dürer und Grünewald, Mozart, Bach und Haydn, von Geistesgrößen wie Kant und Hegel, Lessing und Leibniz, die ein »Land der Dichter und Denker« prägten, weltweit bewundert. Deutsche Geschichte ist Religionsgeschichte. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation wurde zum Urbild des heutigen Europa, vielleicht der modernen westlichen Welt überhaupt. Da waren der Aufbruch neuer Städte, die sich um Kathedralen gruppierten, die karolingische Minuskel, die der Alphabetisierung des Kontinents den Weg ebnete, oder auch die ersten Universitäten, die hohe Theologie, die das wissenschaftliche Zeitalter vorbereiteten.

Aus der Suche nach dem, was die Welt im Innersten zusammenhält, entstand freilich auch die Verführung zum Streit, aus dem Streit ein Schisma, das den christlichen Westen in zwei Teile riss. Deutschland ist nicht nur die Wiege des Protestantismus, hier gründet auch der wissenschaftliche Sozialismus, der das Paradies auf Erden versprach. Es ist noch nicht so lange her, seit atheistische Systeme in West und Ost ein Europa ohne Gott schaffen wollten, den befreiten »neuen Menschen«. Hitlers »Tausendjähriges Reich« hinterließ nach zwölf Jahren zerstörte Städte, Millionen Tote und die Krematorien des Holocaust, durch den das »Volk Gottes« von der Erde getilgt werde sollte wie Ungeziefer.

Die heutige Krise von Kirche und Glauben kam nicht über Nacht, aber noch immer wird ihr wahres Ausmaß genauso totgeschwiegen wie die verheerenden Folgen, die sich daraus ergeben. Mit rund 500 000 Austritten aus der katholischen und evangelischen Kirche hat der Exodus des Glaubens 2014 eine neue Rekordmarke erreicht. In den vergangenen 24 Jahren kehrten weit über acht Millionen Menschen ihrer Glaubensgemeinschaft den Rücken. Und das ist erst der Anfang.

Nach Umfragen renommierter Forschungsinstitute tragen sich mindestens zwanzig Prozent der verbliebenen Mitglieder ebenfalls mit dem Gedanken an Flucht. Manche Untersuchungen sprechen gar von fünfzig Prozent – ein Austrittspotenzial von bis zu zwanzig Millionen Bürgern, die einmal auf Christus getauft wurden.

Aber nicht allein die Kirche als Institution befindet sich im freien Fall. Weit gravierender noch ist der Verlust an Glaubenswissen, Glaubensbewusstsein und Glaubensbindung…. Bekommen wir nicht längst zu Gesicht, was wir verlieren, wenn wir das Christentum auslöschen, wenn wir damit unsere kulturelle Erinnerung verlieren, die Orientierung, die einmal Halt und Zuversicht und ewiges Heil bedeutete? Bleibt nicht auch richtig, was Isaac Newton wusste: »Wer nur halb nachdenkt, der glaubt an keinen Gott; wer aber richtig nachdenkt, der muss an Gott glauben«? Er habe in seinem Leben, so Newton, einer der bedeutendsten Wissenschaftler der Menschheit, »zwei wichtige Dinge gelernt: dass ich ein großer Sünder bin – und dass Christus ein noch größerer Retter ist«…. Auf die Botschaft kommt es an. »Wir bezeugen es«, schworen die Apostel, »weil wir es gesehen haben.« Die Offenbarung Christi, sagt Karl Barth, übersteige alles bisher Dagewesene, alles Menschliche. Sie sei »der Richter über die Vernunft«. »Wer an Jesus glaubt«, so der große protestantische Religionsphilosoph, »der hört das ›Wort Gottes‹.« (Aus dem Vorwort des Buches „Gott ohne Volk – Die Kirche und die Krise des Glaubens“)

Wie war die Antwort Reformatoren des 16ten Jahrhunderts auf den Glaubenszerfall der Kirche damals? Hier ihre theologischen Prinzipien in 5 wichtige Glaubenssätze zusammengefasst:
 
Sola Fide (allein der Glaube)
Sola Scriptura (allein die Schrift)
Solus Christus (allein Christus)
Sola Gratia (allein die Gnade)
Soli Deo Gloria (Gott allein gehört die Ehre)

 

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